Eine Woche isser nun rum, unser Segeltörn auf der Ostsee – und endlich habe ich den versprochenen Törnbericht fertig.
Mit sieben Personen haben wir für eine Woche eine Sun Odysee 43, die «Brigadoon», eine 13-Meter-Segelyacht ab Flensburg gechartert. Mit dabei waren HC, Irmi, Jörg, Johannes, Thomas, Willi und meine Wenigkeit. Dass ich mitsegeln konnte, verdanke ich nur dem Umstand, dass Myriam wegen Krankheit ausgefallen ist (auf diesem Wege noch einmal Gute Besserung!).
Gleich zu Beginn die Bemerkung: Ich bin kein Segler, sondern eher Mitfahrer, wenn hier also was seglerfachmännisch Falsches steht, dann mit purer Absicht, dass Segler auch schön aufpassen und mich korrigieren :). Auf dem Ijsselmeer habe ich als Abschlussfahrt der zehnten Klasse Segeltörn(s) gemacht, aber das ist ja nun schon einige Frühlinge her…
Die Bilder zum jeweiligen Tag findet ihr im Text, wer direkt zur Bildgalerie möchte: bitte hier lang.
Tag 1: Flensburg/Sonwik – Sønderborg
Karte der Tagesroute | Fotos des Tages
Obwohl ich die kürzeste Anfahrt hatte, trudelte ich leider als letzter in Flensburg ein (Schiffsübergabe war für 8:00 Uhr geplant), da mein Wagen nach zwei Wochen Standzeit mit leerer Batterie nicht mehr anspringen mochte. Der ADAC diagnostizierte eine kaputte Batterie – eine falsche Diagnose, wie sich später herausstellte.
Nachdem das Gepäck und das Schiff übernommen war ging’s nochmal zu Feinkost Albrecht um Proviant zu laden. Den Part haben netterweise Irmi und Willi übernommen, der Rest ist nur noch einmal zur Stärkung (endlich Kaffee) dazu gestossen.
Gegen 12:30 Uhr ging’s los, gleich nachdem wir aus dem Hafen Sonwik raus waren wurden Groß und Genua gesetzt und bei Sonnenschein segelten wir raus Richtung Sønderborg. Irmi steuerte uns sicher durch die Flensburger Förde, ich als Nichtsegler konnte natürlich gleich am ersten Tag eine Menge dazulernen, bzw. wurde gleich verwirrt: Warum setzt man Waypoints – wann verwendet man sie nicht und was macht man am Ende des Tages mit den ungenutzten WPs? Waypoint-Recycling? Gibt es ein Lizenzmodell für übermässige Waypoint-Nutzung?
Am Abend entdecken wir – oh Schreck! – das wir keinen Reis eingekauft hatten und der Kaffee wohl nur für die ersten Tage halten würde. Kurzerhand tauschten wir den Reis fürs Abendessen mit Nudeln (es gab Pute, lecker!). Im Yachthafen legte neben uns die «Hyde» an (vom gleichen Vercharter und zufällig schon in Sonwik schon neben uns liegend), das „Frauenschiff“ – was eigentlich verwirrend ist, da die Mannschaft aus drei Männern und nur zwei Frauen bestand – wahrscheinlich hat uns die Tatsache verwirrt, dass sie Zwillinge waren…
Zur Whisky-Verkostung wurde ein ordentlicher Kanadier als Standard definiert und genossen.
Tag 2: Sønderborg – Årøsund
Karte der Tagesroute | Fotos des Tages
Nach dem ersten gemeinsamen Frühstück, dem Genuss der örtlichen Dusche (in der Vorbesprechung hiess es noch: «Duschgel brauchst du nicht», pah! – eigentlich alle Häfen hatten durchaus nutzbare Duschen) schipperten wir gemütlich viertel nach elf an Sønderborg vorbei (und hatten Glück, dass die Klappbrücke nach nur einer Warteschleife öffnete), durch den Hmm-Sund (verdammt, ich habe den Namen vergessen – heisst der nun Sønderborg-Sund?). Jedenfalls ging’s unter einer mordshohen Autobahnbrücke durch und ich durfte ans Steuer – weil wir unter Motor ewig lang dahinzuckelten bis es wieder offener wurde und es per Segel weiterging.
So einen Kahn zu steuern ist am Anfang echt ungewohnt: Lenkbewegungen kommen erst mit einer gewissen Verzögerung – und dann aber meist heftig, so dass man zu Beginn immer hin und her pendelt. Unter Segel dahinzugleiten ist aber natürlich viel angenehmer: kein Motorenlärm.
In Årøsund konnte ich das erste Anlegemanöver von HC bewundern, der mit gelassener Ruhe das Boot knapp an anderen Booten und Bojen herum steuerte. Im Gegensatz zu gestern lagen wir nicht in einer Box sondern längsseits, was zum Ein- und Aussteigen natürlich viel angenehmer ist. Den Rat «Bitte heute nicht über den Anker aussteigen» sollte man trotzdem beherzigen.
Die Meinung über die Chili-Schokolade, die HC aus dem Kölner Schokoladenmuseum mitgebracht hatte, war in der Crew geteilt. Ich mochte sie – das Geschrei, als wir sie der Mannschaft der «Hyde» am Abend servierten, war jedoch auch jenseits ihres Schiffsalons zu hören :)
Da wir für den nächsten Morgen kräftigeren Wind erwarteten wechselten wir die Genua gegen die Fock: das ist jeweils das vordere Segel. Ich habe nicht wirklich einen Unterschied bemerkt, die Fock ist aber kleiner.
Ein Panorama, das uns abends im Salon zeigt: Willi beim Kochen; Irmi, HC und Jörg beim Begutachten der täglichen Bilderflut; Johannes (am Navigationstisch) beim Pauken für die UKW-Prüfung, Thomas auf der Couch beim Lesen (oder beim Argumentesammeln, warum er sich keinen Mac kauft, obwohl er gerne einen hätte).
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‘Scotch Islay Malt Whisky
40 % Vol
Regen, Wind, kühne Stürme fegen über die herbe Landschaft der Inneren Hebriden. Torfböden liegen still über Islay und liefern der Whisky-Insel im Meer jodhaltigen Torf zum Darren. Frisch und rein winden sich kühle Bäche durch Granit und bringen uns das Wasser für unseren Islay Whisky . Offene Lagerhäuser am Meer sind voll von alten Eichenfässern. Hier reift der Scotch Islay Malt Whisky. Das milde Klima, die lange Lagerung und das intensive Malz geben diesem Whisky für wirkliche Kenner sein kräftiges Aroma. Rauchig, mit gediegen scharfer Note lässt dieser sehr typische, noch junge Islay dem Holzgeschmack des Eichenfasses nur wenig Raum.
Tag 3: Årøsund – Augustenborg
Karte der Tagesroute | Fotos des Tages
Brrr. Arschkalt am Morgen. Ab 11:00 Uhr mussten wir eine ganze Weile unter Motor gerade gegen den Wind. Weil der Wind recht heftig war, haben wir gleich am Morgen generell die Schwimmwesten und die Lifebelts angelegt. Mit den Lifebelts klemmt man sich immer mit mindestens einem Haken irgendwo am Schiff fest, um nicht einfach von einer Windböe erfasst zu werden und im Wasser zu landen.
Nach einer Stunde ging’s mit gerefftem Gross (das heisst das Hauptsegel wird nur zu einem Teil hochgezogen), aber immer noch mit Motor weiter, weil der Strom so heftig war. Bei dem ewigen Wenden hab‘ ich irgendwann selbst die Orientierung verloren, aber die Navigatoren und Tamagotchi-Anhänger waren sich immer noch sicher, dass wir auf dem richtigen Kurs waren. Der Hafen in Augustenborg war irgendwie recht voll und da wo noch Platz gewesen wäre, schwamm eine eine Boje vor, die eine Wassertiefe unter 2m anzeigt. Also haben wir kurzerhand gegenüber am Kai festgemacht – nicht wirklich romatisch aber was soll’s. Bei Regen ist die Hälfte noch in den Ort rein – Willi, HC und ich haben es vorgezogen, die am Tage geschossen Digibilder auf’s PB zu ziehen und zu sichten.
Die Abendverkostung:
‘Scotch Highland Single Malt Whisky Tomintoul
40% Vol, 8 Jahre.
Die Destillerie wurde 1965 in einer Höhe von 370 Metern errichtet und ist die höchstgelegene Brennerei Schottlands. Der Tomintoul single Malt ist im Aroma sehr zart und frisch. Der Geschmack cremig, malzigsüss nach Eichenholz.
Tag 4: Augustenborg – Maasholm
Karte der Tagesroute | Fotos des Tages
Es geht nach Maasholm. Die Planung des Törns wurde mehrmals umgeworfen, weil man dem Wetter irgendwie nie so recht über den Weg traute. Ich habe mich da immer komplett rausgehalten, da ich
a) keine Ahnung von nix habe und mich
b) beim Wetterbericht kaum vor Lachen halten konnte und mich in eine stille Ecke verziehen musste: Wind aus Oooooost Süd-Oooooost, Diiiiiiesig. Wenigstens Willi konnte mein Gegluckse nachfühlen.
Der Wind blies heute schon um einiges kräftiger als die Tage zuvor und kurz vor Maasholm wetteiferte man um die heftigste Schräglage (oder Krängung, wie wohl der Fachmann sacht) und um Speed:
1. Platz: Jörg mit 7,8 kn
2. Platz: Thomas mit 7,5 kn
3. Platz: HC mit 7,3 kn
Jungens, da geht noch was!
Nachdem wir uns mit einer Nudel-Spinat-Lachs-Kombination (extrem lecker!) gestärkt hatten (die diversen Fischbrötchen im Hafen nicht mitgezählt), durften wir am Abend Olaf an Bord begrüssen und ich habe das erste mal erlebt, wie Windstärken am Abend beim Bier noch heftiger werden :-P
Die Whisky-Verkostung fiel aus, es gab genug Rotwein und Jever…
Tag 5: Maasholm – Sønderborg (Stadthafen)
Karte der Tagesroute | Fotos des Tages
Hab‘ ich gestern was von heftigem Wind geschrieben? Vergesst es, heute gab’s heftigen Wind: schon im Hafen um die 30 kn. Das Ablegemanöver verlief eigentlich recht geplant – aber mittendrin erwischte uns eine Böe und schob uns gegen einen Pfahl – der war wohl schon etwas morsch und gab ohne weitere Diskussion einfach nach und hing am Ende bemitleidenswert auf 45° im Wassser. Ein Passant, der das Ganze beobachtet hatte, rief noch hinterher: «Das war aber kein Meisterstück» aber am Ende waren wir uns alle einig, dass man es nicht viel anders hätte machen können, selbst der Passant (sah irgendwie nach Jäger aus) hätte uns auch nicht viel helfen können, da die Festmacher recht kurz waren.
Nach einigen Telefonaten (zuerst vergebliche mit dem Hafenmeister, weil der nämlich um 11:30 Uhr schon nicht mehr da war), kehrten wir nach zehn Minuten wieder um, um nicht später was wg. Fahrerflucht (oder heisst das Seglerflucht?) am Hals zu haben. Die Wasserschutzpolizei nahm das Ganze dann auch recht locker auf – vom geknickten Pfahl war schon nix mehr zu sehen.
Um viertel nach eins legten wir dann erneut ab (diesmal ohne Schäden und auch recht organisiert – obwohl der Wind das Schiff heftig gegen den Steg drückte) und schafften allein mit gesetzter Fock 8,5 kn über Grund (HC war der Speedkönig am Steuer).
Ausserhalb der Schleimündung blieb der Wind die ganze Zeit angenehm heftig (ich hatte Glück, mir machte die Schaukelei eh nix aus und was besseres als Schräglage ist eh: noch mehr Lage), und so waren wir mit ordentlich Speed schon um fünf im Stadthafen von Sønderborg.
Nach dem Anleger (die erste Pulle nach dem Anlegen – Segler finden irgendwie immer einen Grund zum Trinken) kamen wir recht flott zum Whisky-Verkostung und beschlossen eigentlich schon am Abend (wenn ich das recht in Erinnerung habe) den nächsten Tag in Sønderborg zu bleiben, uns ein wenig die Stadt anzuschauen und ein wenig Urlaub zu machen.
‘Scotch Isle of Arran Single Malt Whisky
6 Jahre, 40 % Vol
Auf Flaschen gezogenes Sonnenlicht … Bernhard Shaw kann nur vom echten Arran-Whisky gesprochen haben, als er sich zu solchen Ausrufen hinreißen ließ. Die Bedingungen für die Herstellung feinsten Whiskys sind auf dem kleinen Eiland in der schottischen See ideal: saubere Luft, klares Wasser. Auf Arran gibt es Berge und flaches Land, Täler, Seen und Flüsse. Echte Wildnis, Farmland und Weiden. Im Winter schneebedeckte Berggipfel und in den Küstendörfern erstaunlich milde Wintertemperaturen. Ein wahrer Mikrokosmos, Schottland in Miniatur, sagen viele Kenner, und genau diese Vielfalt spiegelt sich auch in den milden, würzig-süßlichen, nuancenreichen Whiskys von Arran mit ihrer typischen zarten Pfeffernote wider.
‘Irish Single Malt Whiskey
40% Vol, 8 Jahre alt
Whiskey entstand in Irland durch Darren über Kohle. Dreifach gebrannt, wie die meisten irischen Whiskey, erwacht der vergleichsweise höchste Alkoholgehalt. Herabgesetzt auf Trinkstärke enthüllt sich ein besonders intensiver Geschmack. Seidig, fast cremig entwickelt der Irish Single Malt Whiskey nach 8 Jahren seinen süßen und malzigen Duft im Glas, animiert durch Zitrusnoten und ein zartes Gewürzaroma. Goldgelb, beinahe hellbraun, rund und harmonisch, eher süß, holzig mit einem Gedanken an Bourbonvanille, lebhaft und doch mit subtilem, trockenen Abgang ist der Irish Single Malt Whiskey ein Geschmackserlebnis für Kenner genauso wie für Einsteiger.
Tag 6: Sønderborg
Es regnet, es scheint die Sonne, es regnet, es scheint … Das Wetter mochte sich nicht so recht entscheiden – wir uns auch nicht, auf Rumdümpelei im Sund hatte keiner so recht Lust, also haben wir uns für einen lässigen Tag im Stadthafen entschieden. Jörg wurde so nass wie nie auf diesem Törn: beim Brötchenholen. Ein gemütlicher Tag: Lesen, Spazierengehen und ein paar Schulungen/Vorführungen von Powerbook, Photshop und Konsorten.
Das Panorama von Sønderborgs Stadthafen hat Jörg fotografiert (ganz entgegen seiner Vorliebe zum Hochformat diesmal in quer). Da seine Dimage Xi leider zwölf unterschiedliche Weißabgleiche und Belichtungen gefahren ist, war das zusammenstückeln nicht ganz ohne.
Ein Klick auf das Bild bringt dich zum Panorama (148 KByte), eine Version mit 480 KByte gibt es ebenfalls, noch grösser nur auf Anfrage.
‘Scotch Highland Single Malt Whisky „Glencadam“
13 Jahre, 40% Vol.
Dieser Whisky der Destillerie „Glencadam“ (= Tal der Gans), in den östlichen Highlands gelegen, besticht durch seine feine Nase mit sanften Fassnoten und einem Hauch an Vanille. Am Gaumen harmonisch mit angenehmen Süße. Anhaltender runder, süßlicher Abgang, leicht salzig und pfeffrig.
Tag 7: Sønderborg – Flensburg
Karte der Tagesroute | Fotos des Tages
Der letzte Tag. Irgendwie schade – ich glaube die Segelei könnte mir wirklich gefallen. Die Kosten halten sich bei solchen Aktionen ja auch noch im Rahmen – auch wenn ich an einen Spruch von Jörg erinnere: «Segeln ist wie unter der Dusche stehen und dabei Geldscheine zerreissen.» Die Fahrt in die Flensburger Förde verlief ruhig, wir segelten möglichst lange noch mit Segeln herein – bis wir die ersten Schauerwolken erblickten. Auf Nasswerden hatte irgendwie keiner mehr so richtig Bock – dummerweise hatte Jörg wohl als erster die Regenjacke an und damit die A-Karte gezogen. That’s life.
In Sonwik wurde noch getankt, das Schiff leergeräumt, mit dem Besen einmal durchs Schiff (wir hatten das Schiff mit Endreinigung gechartert, jawoll: so soll sich Urlaub anfühlen), noch einen Döner und einen Kaffee (ein zweites Mal stellten wie die Bistro-Ecke des Edeka auf eine harte Probe) gemeinsam genossen und schon verstreuten wir uns in alle Himmelsrichtungen, oder äh: alle Richtung Süden – in FL hat man da nicht so die Wahl :)
Ich habe dann noch ein wenig auf den VARTA/ADAC-Menschen gewartet – der mir wider Erwarten keine neue Batterie eingebaut hat, sondern mir bescheinigte, dass die eingebaute völlig in Ordnung sei – ich aber wohl einen Verbraucher hätte, der ständig Strom zieht. Wer dieser fiese Stromdieb ist, weiss ich bis heute nicht, aber er muss wohl unter der Rücksitzbank hinterm Fahrersitz stecken – denn da tickt es wie eine Zeitbombe.
Fazit
Ein gelunger Törn – die Crew (die ja schon mehrfach zusammen gesegelt ist) hat nun ein Problem: Ich habe Blut geleckt – das «Glück», dass Myriam ausfällt und ich anstelle ihrer mitfahre, wünsche ich ihr nicht noch mal, mit acht Personen wird’s aber heftig knapp auf dem Schiff. Also entweder ein noch grösseres oder noch ein paar Leute dazugewinnen und mit zwei Booten starten?
Auf jeden Fall: Ich will mehr Lage! :-)
Die Beschreibungen der Whiskys stammen «Vom Fass»
Oktober 17th, 2004
by Uwe Giese
Moin,
schade, dass wir uns in diesem Jahr nicht trafen, obwohl wir doch ganz in der Nähe waren … Ich war am Sonntag in Damp – am Montag in Sonderburg.
Gruß
Uwe
Oktober 24th, 2004
by burned
Der Artikel ist nun von den letzten Rechtschreibfehlern beseitigt, ein Dankeschön an Myriam.